Blick auf die Conditio Humana Das sind die Artists of the Year 2021 der Deutschen Bank

Vor einer Dekade wurde die Auszeichnung Artist of the Year der Deutschen Bank initiiert. Damals war das Konzept völlig neu. Anstatt wie üblicherweise einen Geldpreis zu erhalten, sollen aufstrebende Künstler*innen, die insbesondere mit Papier oder Fotografie arbeiten, durch Ankäufe ihrer Werke für die Sammlung Deutsche Bank, einen umfassenden Katalog und eine Einzelausstellung einer breiten Öffentlichkeit bekannter gemacht werden.

Seitdem die in New York und Nairobi lebende Künstlerin Wangechi Mutu 2010 die erste Artist of the Year war, hat sich nicht nur die Kunstwelt stark verändert. Viele der bisher Ausgezeichneten, darunter Yto Barrada, Koki Tanaka und Kemang Wa Lehulere, konnten inzwischen ihren Durchbruch in der internationalen Kunstszene erleben. Anlass genug zum Feiern, aber auch um ein neues Format vorzustellen: 2021 wird die Auszeichnung erstmals an drei Künstler*innen zugleich vergeben, die gemeinsam ausstellen: Auf Empfehlung des Deutsche Bank Global Art Advisory Council, zu dem die Kurator*innen Hou Hanru, Udo Kittelmann und Victoria Noorthoorn zählen, wurden Maxwell Alexandre (Brasilien), Conny Maier (Deutschland) und Zhang Xu Zhan (Taiwan) ausgewählt. Alle drei Positionen sind absolut eigenständig und einzigartig, aber dennoch bestehen Gemeinsamkeiten. Sie alle haben ohne die Ausbildung an einer Hochschule die Kunstwelt erobert, blicken aus zwar ganz unterschiedlichen, aber nicht-akademischen Perspektiven auf die Conditio Humana und reflektieren elementare, globale Themen: Gemeinschaft, Spiritualität, das Verhältnis zur Natur.

Der 30-jährige Maxwell Alexandre wurde in Rocinha, Rio de Janeiros größter Favela, geboren, wo er heute noch lebt und arbeitet. Seine Gemälde, Performances und Installationen sind vom Alltag in Rocinha inspiriert, kreisen um Rassismus und Polizeigewalt, Gemeinschaft und Spiritualität. Immer wieder tauchen Referenzen an Ikonen der schwarzen Kultur auf, Jean-Michel Basquiat, Nina Simone oder James Brown. Zugleich ist Alexandres künstlerische Praxis stark von den Ideen der evangelikalen Kirche geprägt, der er heute nicht mehr angehört. Alexandre, der aus der Skater-Szene kommt, hat mit Freunden A Noiva, eine Art Künstlerkirche gegründet, die ihre eigenen Platten herausbringt, Kunstwerke als Gebete und das Studio als Tempel betrachtet. In Brasilien ist er bereits ein Star.

Auch die in Berlin geborene Conny Maier, die in ihrer Heimatstadt und im portugiesischen Baleal arbeitet, ist ein Phänomen. Im Laufe der letzten Jahre hat die gelernte Modedesignerin, die ein Modelabel gründete, als Malerin für Furore gesorgt. Die kreisrund zum Schrei geöffneten Münder ihrer Figuren sind zu einer Art Markenzeichen geworden. In Maiers Gemälden verbinden sich neo-expressiver Ausdruck mit einem ausgeprägten Gespür für Farbe und Komposition. Dabei steht in ihren eindrücklichen Werkzyklen die existenzielle Wechselbeziehung zwischen Mensch und der in einer Vielfalt von Tieren personifizierten Natur im Zentrum.

Zhang Xu Zhan wurde 1988 als Sohn einer Familie geboren, die seit Jahrhunderten mit traditionellen Papierfiguren handelt, die in Taiwan bei rituellen Zeremonien oder Beerdigungen genutzt werden. Mit dieser Tradition beschäftigt er sich in seinen Animationsfilmen, Skulpturen und Video-Installationen. Zhang Xu Zhan baute Modelle von Luxushäusern oder gigantische Puppen aus Papier. Zu seinen Hauptwerken zählen seine im Stop-Motion-Verfahren gedrehten Filme, für die er filigrane Figuren und Landschaften aus Pappmaché fertigt. Zhang Xu Zhan schafft darin einen fantastischen Kosmos, der von Fabelwesen, singenden Tieren und Pflanzen und Naturgeistern bevölkert ist und von uralten Ritualen beherrscht wird - eine Welt, die apokalyptisch und märchenhaft zugleich ist.

Ausstellung im PalaisPopulaire, Berlin
ab 15.9.2021